Mit der neuen DIN SPEC 91504 wird Elektromobilität ein Stück inklusiver. Die neue Norm des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) schafft die Voraussetzungen dafür, dass Ladeinfrastruktur für alle nutzbar ist. Gleichzeitig bedeutet barrierefreies Laden aber auch keine Kompromisse bei Bedienkomfort und Zugänglichkeit. Ladeparks, Normalladepunkte und Schnellladenetze sollten den neuen Anforderungen entsprechen, um die Bedeutung der Elektromobilität weiter zu stärken und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.
Was ist die DIN SPEC 91504?
Hinter dem sperrigen Begriff DIN SPEC 91504 versteckt sich eine klare Richtlinie, wie Ladeinfrastruktur für Menschen mit Einschränkungen zu gestalten ist. Diese Vorgaben reichen von der Positionierung und Zugänglichkeit der Ladesäulen bis hin zur Höhe und Handhabung der Bedienelemente. Besonders wichtig ist dabei der Ansatz „Design für alle“ – also eine Ladeinfrastruktur, die von allen Menschen unabhängig von körperlichen Einschränkungen genutzt werden kann und somit barrierefreies Laden für alle ermöglicht. Auch eine rollstuhlgerechte Ladestation und eine barrierefreie Infrastruktur für Elektrofahrzeuge werden so Realität.
Praktische Umsetzung für Betreiber und Installateure
Die DIN SPEC 91504 bietet konkrete Vorgaben für die Planung, Gestaltung und Modernisierung bestehender Ladeinfrastrukturen – sowohl für öffentlich zugängliche als auch private Standorte. Betreiber von Ladeparks und Ladesäulen können die DIN SPEC als Leitfaden für neue Stellplätze nutzen oder bestehende Standorte aufrüsten, um eine höhere Nutzungsqualität für alle zu gewährleisten. Die Standards gelten für Ladestationen jeder Art, von Normalladepunkten bis zu Schnellladepunkten, und sorgen für ein gleichberechtigtes Nutzererlebnis in der Elektromobilität. Eine rollstuhlgerechte Ladestation oder barrierefreie Ladestation wird dadurch zur Norm und erleichtert die Inklusion an Ladestationen erheblich.
Zentrale Anforderungen und Empfehlungen an Ladeplätze für barrierefreies Laden
Ladeplatzgestaltung
Eine barrierefreie Ladeplatzgestaltung ist essenziell, um den Zugang zur Ladeinfrastruktur für alle Menschen zu ermöglichen. Die DIN SPEC 91504 beschreibt hierzu klare Anforderungen an den Standort und das Umfeld einer barrierefreien Ladestation.
Konkrete Handlungsempfehlungen für einen Ladeplatz für barrierefreies Laden:
Ausreichende Bewegungsfläche
Stellen Sie sicher, dass der Ladeplatz eine Bewegungsfläche von mindestens 1,5 x 1,5 Metern aufweist, um Rollstuhlfahrern und anderen Personen mit Mobilitätseinschränkungen genügend Raum zum Manövrieren zu bieten. Diese Fläche muss frei von Hindernissen sein, sodass Rollstühle, Rollatoren oder Gehhilfen ohne Behinderung verwendet werden können.
Einfahrbarkeit und Positionierung
Platzieren Sie Ladeplätze vorzugsweise in Senkrechtaufstellung, um seitlich angrenzend eine zusätzliche Bewegungsfläche von mindestens 1,5 Metern freizuhalten. So bleibt das Ein- und Aussteigen sowohl fahrzeugseitig als auch heckseitig möglich. Bei einer Längsaufstellung des Ladeplatzes muss eine beidseitige freie Fläche eingeplant werden.
Kennzeichnung und Bodenmarkierung
Verwenden Sie gut sichtbare Bodenmarkierungen, um die Bewegungsflächen und Ladeplätze klar von Parkplätzen oder anderen Bereichen abzugrenzen. Idealerweise markieren Sie die Ladeplätze in einem Kontrast zur Umgebung, beispielsweise in hellen Farben, die auch bei schlechter Beleuchtung auffallen.
Neigung und Beschaffenheit der Oberfläche
Achten Sie darauf, dass die Neigung des Ladeplatzes gemäß DIN 18040-3 maximal 3 % in Längsrichtung und 2 % in Querrichtung beträgt, um ein gefahrloses Manövrieren zu ermöglichen. Die Oberfläche sollte rutschhemmend, fest und ohne lose oder grobe Oberflächenbeläge gestaltet sein, sodass der Ladeplatz auch bei nassem Wetter sicher genutzt werden kann.
Beleuchtung
Beleuchten Sie den Ladeplatz und die Bewegungsfläche ausreichend, um eine sichere Nutzung auch bei Dunkelheit zu gewährleisten. Empfohlen wird eine Beleuchtung nach DIN 13201-1 für Verkehrsflächen, sodass Bedienelemente und Bewegungsflächen gut sichtbar und blendfrei ausgeleuchtet sind.
Freihaltung der Bewegungsfläche
Markieren Sie die seitliche Bewegungsfläche deutlich und weisen Sie darauf hin, dass diese von Gegenständen wie Fahrrädern oder Rollern freigehalten werden muss. So bleibt der Ladeplatz jederzeit ungehindert zugänglich und bietet die notwendige Nutzungsqualität.
Barrierefreies Laden – Erreichbarkeit und Anfahrbarkeit
Um eine zugängliche Ladeinfrastruktur zu schaffen, ist die Erreichbarkeit und Anfahrbarkeit von Ladestationen für alle Nutzergruppen entscheidend. Die folgenden Handlungsempfehlungen erfüllen die Anforderungen der DIN SPEC 91504 und verbessern den Zugang zu Ladepunkten, besonders für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen:
Stufenlose Wegeführung – eigentlich klar beim barrierefreien Laden
Planen Sie die Zugangswege zur Ladestation stufenlos, um barrierefreie Erreichbarkeit zu gewährleisten. Dies kann durch Rampen mit einer maximalen Neigung von 6 % erreicht werden. Besonders an Bordsteinen oder Gehwegen empfiehlt sich eine Absenkung auf maximal 3 cm Höhe, um ein problemloses Überqueren zu ermöglichen.
Breite der Wege und Zufahrten
Achten Sie darauf, dass die Zugangspfade zur Ladestation eine Mindestbreite von 90 cm haben, sodass Menschen im Rollstuhl und mit Gehhilfen ohne Einschränkungen an die Ladestation gelangen können. In stark frequentierten Bereichen kann eine zusätzliche Breite von bis zu 1,5 Metern hilfreich sein, um Begegnungen oder das Wenden von Rollstühlen zu ermöglichen.
Markierung von Anfahrtsflächen
Kennzeichnen Sie die Anfahrtsflächen deutlich, um klar auf den barrierefreien Zugang hinzuweisen. Nutzen Sie Bodenmarkierungen oder Schilder, die auf die Nutzung durch Menschen mit Einschränkungen hinweisen. Einfache Symbole oder Farbkontraste erhöhen die Sichtbarkeit und reduzieren das Risiko, dass der Bereich durch unbefugte Fahrzeuge blockiert wird.
Erhöhte Sichtbarkeit der Ladestation
Platzieren Sie die Ladestation so, dass sie gut sichtbar und leicht zugänglich ist. Besonders in großen Parkflächen oder Ladeparks hilft eine gut erkennbare Positionierung sowie ergänzende Beschilderung, die Station schnell aufzufinden. Achten Sie dabei auf eine klare Wegführung ab den Eingängen oder den Hauptzugangswegen.
Sichere Wegegestaltung und Oberflächen
Verwenden Sie rutschhemmende, feste und erschütterungsarme Oberflächen für die Zuwege zur Ladestation, um die Sicherheit für alle Nutzer zu erhöhen. Unebene oder lose Bodenbeläge, wie Kies oder Schotter, sollten vermieden werden, um eine einfache Anfahrbarkeit mit Rollstühlen oder anderen Hilfsmitteln zu ermöglichen.
Blendfreie Beleuchtung
Beleuchten Sie die Zuwege und die Ladestation gemäß DIN 13201-1 so, dass alle Wege, Bedienelemente und Ladeflächen auch bei Dunkelheit gut sichtbar sind. Eine blendfreie Beleuchtung sorgt dafür, dass die Ladestation und die Bedienelemente intuitiv und sicher genutzt werden können, ohne die Sicht zu beeinträchtigen.
Freihalten der Zufahrtswege
Halten Sie die Wege zur Ladestation frei von Hindernissen wie Pollern, Absperrungen oder Fahrradständern, die den Zugang blockieren könnten. Sollten Poller erforderlich sein, müssen diese eine Mindesthöhe von 90 cm und einen visuellen Kontrast zur Umgebung aufweisen, um gut erkennbar und einfach zu umgehen zu sein.
Bedienung und Anbringung der Elemente
Eine barrierefreie Gestaltung der Bedienelemente ist wichtig, damit allen Nutzern, einschließlich Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, barrierefreies Laden ermöglicht wird. Die DIN SPEC 91504 liefert hierzu klare Vorgaben für die Anbringung und Bedienungselemente. Folgende Handlungsempfehlungen unterstützen eine optimale Umsetzung.
Höhe und Erreichbarkeit der Bedienelemente
Bringen Sie alle Bedienelemente wie Kartenleser, Displays und Ladesteckdosen in einer Höhe von 85 bis 105 cm an. Diese Positionierung ermöglicht es sowohl Rollstuhlfahrern als auch stehenden Personen, die Elemente gut zu erreichen. Der Messpunkt für diese Höhe ist die Mitte des jeweiligen Bedienelements.
Unterfahrbarkeit für Rollstuhlnutzer
Stellen Sie sicher, dass die Ladestation im Sockelbereich bis zu einer Höhe von 35 cm unterfahrbar ist, mit einer Mindesttiefe von 15 cm. Diese Unterfahrbarkeit erlaubt es Rollstuhlfahrern, nahe genug an die Bedienelemente heranzufahren, um diese komfortabel bedienen zu können.
Kontrastreicher und taktiler Aufbau
Achten Sie darauf, dass die Bedienelemente gut sichtbar und von der Oberfläche der Ladestation farblich abgehoben sind, um auch für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen eine intuitive Bedienung zu ermöglichen. Tasten und Schaltflächen sollten taktil unterscheidbar sein, sodass Nutzer sie einfach ertasten können, auch wenn die visuelle Orientierung eingeschränkt ist.
Optimiertes Kabelmanagement
Um die Handhabung des Ladesteckers zu erleichtern, sollte das Kabelmanagement verhindern, dass das Ladekabel lose auf dem Boden liegt und zur Stolperfalle wird. Ein praktisches Kabelaufhängungssystem oder ein Zugentlastungssystem unterstützt die sichere und barrierearme Bedienung. Idealerweise wird das Ladekabel mit einer Schlaufe oder Halterung versehen, die ein einfaches Greifen und Führen des Kabels ermöglicht.
Einfache und barrierefreie Benutzerführung
Sorgen Sie dafür, dass alle Informationen und Anweisungen klar und verständlich angezeigt werden. Es sollte eine zweisprachige Anzeige vorhanden sein und Informationen sollten auch visuell und auditiv bereitgestellt werden (Zwei-Sinne-Prinzip). Dies hilft Personen mit eingeschränktem Seh- oder Hörvermögen, den Ladevorgang leicht zu starten und zu beenden.
Fernbedienungsoption für zusätzlichen Komfort nicht nur beim barrierefreien Laden
Stellen Sie nach Möglichkeit eine Fernzugriffsmöglichkeit über eine mobile App bereit, die alle wesentlichen Funktionen wie Authentifizierung und Bezahlung umfasst. Eine barrierefreie, mobile Anwendung ist besonders hilfreich, da sie die Bedienung der Ladestation für Menschen mit motorischen Einschränkungen vereinfacht. Die App sollte den WCAG-Standards entsprechen und Teil des normalen Bedienangebotes für alle Nutzer sein.
Blendfreie Beleuchtung der Bedienelemente
Eine ausreichende, blendfreie Beleuchtung der Bedienelemente ist besonders bei Dunkelheit wichtig, um eine sichere und einfache Bedienung zu gewährleisten. Idealerweise sind die Bedienelemente direkt beleuchtet oder die gesamte Ladestation wird so ausgeleuchtet, dass alle Funktionen klar erkennbar sind.
Bedeutung für die Mobilität der Zukunft
Die barrierefreie Gestaltung von Ladepunkten an zentralen Standorten ist ein wichtiger Schritt in Richtung Inklusion und selbstbestimmte Mobilität für Menschen mit Einschränkung. Betreiber von Ladeinfrastruktur und Unternehmen im Bereich des Ladenbaus sind angehalten, den neuen Leitfaden anzuwenden und barrierefreies Laden oder zumindest barrierearme Ladepunkte zu realisieren. Die Anforderungen dieser Norm sind zugleich Handlungsempfehlungen für die gesamte Ladebranche und zeigen, wie sich die Nutzungsqualität von Ladeeinrichtungen für alle steigern lässt. Barrierefreiheit bei E-Ladestationen stärkt die Elektromobilität und schafft mehr Mobilität für Menschen mit körperlichen Einschränkungen.
Download und weitere Informationen
Interessierte können die DIN SPEC 91504 als PDF über den Verlag DIN Media kostenlos herunterladen. Die Leitstelle Ladeinfrastruktur unterstützt Betreiber und Installateure durch diese Standards dabei, ihre Ladestationen gemäß den neuesten Normen auszurichten und so die Mobilität für Elektrofahrzeuge möglichst zugänglich zu gestalten. So wird sichergestellt, dass alle Elektroautos – von Privatfahrzeugen bis zu rollstuhlgerechten Fahrzeugen – die Ladeinfrastruktur problemlos nutzen können.