Elektrofahrzeuge verlangen dem Hausnetz beim Laden zu Hause einiges ab. Im Normalfall ist das alles kein Problem, da sämtliche Komponenten für die hohen Ströme ausgelegt sind. Vereinzelt kann es jedoch zu Szenarien kommen, welche zwar nicht gefährlich aber auf Dauer nicht unbedingt optimal für die Lebensdauer der beteiligten Bauteile sind. Ein Praxisbeispiel aus der E-Mobilität ist hier etwa das einphasige Laden mit einer Schieflast.
Was man darunter versteht, wie es überhaupt dazu kommen kann und was dagegen unternommen werden kann erfahren Sie in den nachfolgenden Zeilen.
Das Hausstromnetz und seine Phasen
Das Hausstromnetz bezeichnet das System elektrischer Leitungen, Sicherungen und Verteiler innerhalb eines Hauses oder der Wohnung. Es bezieht zwar in der Regel über einen zentralen Punkt Energie vom öffentlichen Stromnetz, ist aber ansonsten durch die interne Verschaltung und Absicherungen ein in sich geschlossenes System.
In der Regel besteht dieses Netz aus drei voneinander unabhängigen Phasen. Jede der drei Phasen stellt im Regelfall 3,7 kW bei 16 A bereit. E-Mobilisten fällt bei diesem Wert wohl direkt auf: 3,7 x 3 Phasen ergibt 11 kW!
Genau diesen Anschlusswert machen sich 11 kW-Wallboxen zunutze. Die drei unabhängigen Phasen werden von der Wallbox quasi zu einer maximalen Ladeleistung von 11 kW kombiniert, was E-Fahrzeuge beim Laden zuhause äußerst effizient und zeitsparend wieder auflädt.
Wichtig zu beachten ist jedoch, dass die Überlastung einer Phase im Hausstromnetz zu einer Unterbelastung der verbleibenden Phasen(n) führen kann. Dies hat negative Auswirkungen auf die elektrische Sicherheit und die Leistung des Stromnetzes.
Einphasiger Bordlader: Der Flaschenhals beim AC-Laden
Verfügt Ihr E-Fahrzeug über einen dreiphasigen Bordlader (zu erkennen an der Herstellerangabe 11 kW & 22 kW AC-Ladeleistung), so kann Ihr Auto an einer dreiphasig angeschlossenen Wallbox mit 11 kW (sogar bis zu 22 kW) Ladeleistung gleichzeitig zu je 3,7 kW je Phase verteilt Laden: Der Optimalfall für einen effizienten und ausgewogenen Ladevorgang!
Manche Hersteller verbauen jedoch aus Kostengründen in eher günstigen E-Autos auch einphasige Bordlader. Ganz oft sind auch Plug-In Hybrid-Fahrzeuge nur mit einphasigen Ladern ausgestattet, weil der kleine Akku ohnehin keine allzu lange Ladepause benötigt.
Das Problem der einphasigen Bordlader: Sie beziehen im Ladevorgang nur von einer der drei theoretisch vorhandenen Phasen überhaupt Strom.
Laut Schieflastverordnung des VDE sind in Deutschland 20 A Schieflast zulässig, was in etwa 4,6 kW entspricht. Bei zahlreichen Wallboxen lässt sich dieser Wert einstellen, sodass auch bei einphasigen Ladevorgängen die Bestimmungen stets eingehalten werden.
In anderen Ländern gibt es zum Teil abweichende Verordnungen. Österreich und die Schweiz lassen lediglich eine Schieflast von 16 A = 3,7 kW zu. Aus diesem Grund ist eine maximale Schieflast von 3,7 kW bei vielen Herstellern des Standardwert, welchen Wallboxen bei Ladevorgängen berücksichtigen.
In manchen Ländern ist die Schieflast wiederum überhaupt nicht geregelt. Deshalb gibt es Fahrzeuge, welche theoretisch mit 7,2 kW (32 A einphasig) laden könnten. Auch an einer 22 kW Wallbox ist vor diesem Hintergrund kein Laden mit 7,2 kW in Deutschland und vielen anderen Ländern zulässig.
Eine Schukosteckdose (= Haushaltssteckdose) darf zwar mit 16 A belastet werden, als Dauerlast sind allerdings lediglich 10 A = 2,3 kW freigegeben – dieser Grenzwert wird deshalb von mobilen Ladestationen als maximale Ladeleistung eingehalten.
Und nun? Das E-Fahrzeug mit einphasigem Bordlader schneller zu Laden, ohne dabei die gesetzlichen Bestimmungen zur Schieflast auszuhebeln, ist nicht ganz einfach.
Die niedrige Ladeleistung effektiv nutzen: Mit der Kraft der Sonne!
Unter bestimmten Voraussetzung kann eine geringe Ladeleistung aber auch gewollt sein. Zum Beispiel dann, wenn PV-Überschussladen dazukommt und die zur Verfügung stehende Peak-Leistung der PV-Anlage unter Abzug der Verbraucher im Haus kleiner als die Ladeleistung des Fahrzeugs ist.
Liefert eine PV-Anlage beispielsweise 8 kW-Peak macht es in der Regel wenig Sinn, mit 11 kW aufzuladen: Der Mehrbedarf kommt dann aus dem Stromnetz.
In einem solchen Fall kontinuierlich mit geringerer Leistung einphasig zu Laden kann deshalb für eine bessere Ausnutzung des PV-Ertrags dienlich sein.
Wer sichergehen möchte, dass lediglich der Überschuss aus der PV-Anlage im Fahrzeugakku landet, der kann mit Hilfe einer intelligenten, vernetzten Wallbox die Ladeleistung dynamisch vom System steuern lassen.
Auf eine 22 kW Wallbox aufrüsten
Um die Ladegeschwindigkeit zu Hause zu steigern, hilft eigentlich nur die Installation einer 22 kW anstatt einer 11 kW-Wallbox mit zugehöriger Elektroinstallation. Durch die höhere Leistung und Absicherung je Phase kann die Ladeleistung erhöht werden, bevor es auch hier zu einer notwendigen Drosselung durch eine Schieflast kommen muss.
Zu beachten ist jedoch, dass 22 kW Wallboxen stets der vorherigen Genehmigung des Netzbetreibers bedürfen und meist eine kostspielige Aufrüstung des Hausanschlusses und der Absicherung dem einhergeht.
Beim Autokauf bewusst darauf achten
Viele Hersteller bieten höhere AC-Ladeleistung (sprich dreiphasige statt einphasige Bordladegeräte) gegen Aufpreis in höheren Ausstattungsvarianten.
So unterstützt beispielsweise der MG 4 des chinesischen Herstellers SAIC in seiner Grundausstattung lediglich AC-Ladevorgänge über eine Phase. In sämtlichen höherwertigenn Ausstattungspaketen ist serienmäßig stets ein dreiphasiger OnBoard-Charger mit einer Leistungsaufnahme von bis zu 11kW verbaut: Der technische Standard!
Bei der Neuanschaffung von preiswerten Fahrzeugen sollten Käufer also gegebenenfalls gezielt darauf achten, ein Fahrzeug mit dreiphasigem Bordlader zu wählen, um ohne eventueller Schieflast und mit maximierter Ladegeschwindigkeit zu laden.
DC-Ladefunktionalität nutzen
Schnellladung (DC-Charging) gehört bei modernen Elektroautos mittlerweile völlig selbstverständlich mit dazu.
Der Vorteil einer Schnellladung mit Gleichstrom ist, dass hierbei der OnBoard-Charger des Fahrzeugs umgangen wird (dieser ist nur für AC-Ladungen notwendig). Beim DC-Laden wird eine direkte Verbindung zwischen Fahrzeugakku und Schnellladesäule hergestellt – die Bereitstellung der Last erfolgt auf Seiten der Ladesäule. Autos mit 1-phasigem Lader kommen so trotzdem in den Genuss relativ hoher Ladeleistung.
Der Nachteil: DC-Ladeinfrastruktur gibt es nicht für den privaten Bereich. Betreiber öffentlicher Ladesäulen erheben meist einen etwas höheren Betrag je kwH beim DC-Laden im Vergleich zur AC-Ladung.