Die AFIR (Alternative Fuels Infrastructure Regulation) stellt die Weichen für ein einfaches Bezahlsystem bei der Ladeinfrastruktur. Seit dem 13. April 2024 soll ein einheitliches Bezahlsystem an öffentlichen Ladepunkten das Laden per Debit- und Kreditkarte ermöglichen.
Für den Benutzer bedeutet das mehr Freiheit und mehr Transparenz am Bezahlterminal, während Ladesäulenbetreiber durch die EU-weite Regelungen vor vielen Fragen stehen. So spielt künftig nicht nur das Bezahlsystem und eine große Rolle, sondern auch weitere Punkte wie zum Beispiel die Barrierefreiheit an Ladestationen und die Darstellung im Internet bei der Suche nach einer Lademöglichkeit.
HINWEIS
Am 12. April – einen Tag vor dem Inkrafttreten der AFIR – hat die Europäische Kommission eine Auslegungshilfe herausgebracht. In erster Linie sollen die entschärften Maßnahmen Hürden abbauen und dafür sorgen, dass auch weiterhin Ladestationen ohne Display mit einem QR-Code-Aufkleber betrieben werden dürfen.
Ein Blick in die Vergangenheit
2016 führte wurde die nationale Ladesäulenverordnung (LSV) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) beschlossen. Die zuletzt Mitte 2023 aktualisierte LSV regelt den Ausbau und die Nutzung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland. So setzt sie bestimmte Standards für öffentlich zugängliche Ladepunkte wie zum Beispiel die technischen Anforderungen an die Ladeinfrastruktur, die Zugangsregelungen für eMobilisten und eMobilistinnen sowie die Einsicht in die Daten der einzelnen Ladevorgänge. So muss die Ladeinfrastruktur ein kontaktloses Zahlen (Kredit- oder Debitkarte) ermöglichen und es muss eine Schnittstelle zu Standortinformationen und Verfügbarkeit vorhanden sein.
Mit dem Inkrafttreten der EU-weit geregelten und vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union beschlossenen AFIR ist die Ladesäulenverordnung ausgehebelt und hat somit keine Wirkung mehr. Alle Standards gelten nun europaweit und sollen für eine Vereinheitlichung der Ladeinfrastrukur sorgen.
Die AFIR ist ein Teil der EU-Rechtsvorschrift „Fit for 55“ in der eine Verringerung der Treibhausgase um 55 Prozent bis 2030 als Ziel gesetzt wurde. „Fit for 55“ bündelt die Ziele, Maßnahmen und Vorgaben und trägt so einen wesentlichen Teil dazu bei, dass das Ziel eingehalten werden kann. Im Bereich Verkehr ist das primäre Ziel die Verringerung des Einsatz von fossilen Brennstoffen. Das soll auch durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur ermöglicht werden, so dass EU-weit die „Reichweitenangst“ verringert wird.
Die Anforderungen an den Straßenverkehr beinhalten zum Beispiel den Aufbau des Wasserstoff-Versorgungsnetz (alle 200 Kilometer) und den Ausbau des Ladenetz für Elektrofahrzeuge. Im Transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V) soll alle 60 Kilometer ein Schnellladepunkt mit mindestens 150 kW Ladeleistung für PKW und 350 kW für LKW entstehen. Die Ladeinfrastruktur muss punktuelles Laden ermöglichen, elektronische Zahlungen akzeptieren, eine Preistransparenz gewährleisten und eine Preisdiskriminierung ausschließen.
Aktueller Stand der AFIR am 16.04.2024 (wird ständig aktualisiert)
Ladeart | Bezahlsystem | Kartenterminal | Kommunikation | Nachrüstpflicht |
---|---|---|---|---|
AC-Laden bis 22 kW | Statischer QR-Code zum Start des Bezahlvorgangs aktuell ausreichend; Möglichkeit der Bezahlung per Kreditkarte und Debit-Karte muss ergänzend angeboten werden | nicht verpflichtend (eine sichere, webbasierte Zahlung ist ausreichend) | Schnittstelle zur Datenübertragung; Möglichkeit der Backend-Anbindung SIM-Karte | nein |
DC-Laden bis 50 kW | Möglichkeit der Bezahlung per Kreditkarte und Debit-Karte muss ergänzend angeboten werden. | nicht verpflichtend (eine sichere, webbasierte Zahlung ist ausreichend) | Schnittstelle zur Datenübertragung; Möglichkeit der Backend-Anbindung SIM-Karte | nein |
DC-Laden ab 50 kW | Möglichkeit der kontaktlosen Bezahlung per Kreditkarte und Debit-Karte muss ergänzend angeboten werden. | verpflichtend | Schnittstelle zur Datenübertragung; Möglichkeit der Backend-Anbindung SIM-Karte | ja, zum 01.01.2027 (sofern öffentlich zugänglicher Ladepunkt mit Abrechnung) |
Welche Optionen habe ich als DC-Ladeinfrastrukturbetreiber?
Die DC-Ladelösung wurde VOR dem 13.04.2024 in Betrieb genommen
Ladeinfrastruktur soll weiter öffentlich genutzt werden: Kreditkartenlösung muss bis 01.01.2027 nachgerüstet sein
Ladeinfrastruktur soll nicht mehr öffentlich genutzt werden: keine Umrüstung notwendig, internes Laden weiter möglich
Die DC-Ladelösung wurde bzw. wird NACH dem 13.04.2024 in Betrieb genommen
Ladeinfrastruktur soll weiter öffentlich genutzt werden: Ladepunkt muss zur Inbetriebnahme mit einer Kreditkartenlösung ausgestattet sein.
Ladeinfrastruktur soll nicht mehr öffentlich genutzt werden: keine Umrüstung notwendig, internes Laden weiter möglich
Barrierefreiheit
Auch hinsichtlich der Barrierefrieheit legt die AFIR Standards fest, auf die Inhaber von Ladeinfrastruktur künftig achten müssen. Folgende Punkte sollten auf jeden Fall beachtet werden:
- ausreichend Platz an der Lademöglichkeit
- Bedienelemente in annehmbarer Höhe
- leichte und einfach handzuhabende Ladekabel
- eine leicht erreichbare Notfalltaste
- eine gute Ausleuchtung am Ladeplatz
Wer ist von der AFIR betroffen?
Betroffen sind alle Ladeinfrastruktur-Betreiber die ab dem 13. April eine öffentliche Ladesäule in Betrieb nehmen. Für alle Ladepunkte, die vor dem Stichtag in Betrieb genommen wurden, gilt ein Bestandsschutz. Die Ausnahme bilden die Ladepunkte, die entlang des transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V) liegen, was einige Ladepunkte an den deutsche Autobahnen betrifft. Diese Ladepunkte müssen bis 1. Januar 2027 auf das neue Bezahlsystem umgerüstet werden.
Was sind die Auswirkungen für Ladeinfrastrukturbetreiber?
Kurz und knapp könnte man sagen, dass die Verpflichtung zu Kreditkartenterminals bei Ladesäulen unter 50kW entfällt und ein QR-Code mit ausreichend Zahlungsmöglichkeiten ausreicht.
Für Ladestationen ab 50 kW ist ein Kreditkartenterminal dagegen verpflichtend.
Betreiber sind für die fristgerechte Umsetzung der Richtlinie bei ihrer Ladeinfrastruktur verantwortlich. Bei allen seit 13. April in Betrieb genommenen Ladepunkten muss schon bei der Planung im Vorfeld an die Umsetzbarkeit gemäß der AFIR gedacht werden. An öffentlich zugänglichen Ladepunkten, die ab dem Stichtag errichtet werden, muss ein punktuelles Aufladen unter Verwendung eines in der Europäischen Union weitverbreiteten Zahlungsinstruments möglich sein.
Dazu zählen:
für öffentlich zugängliche Ladepunkte mit einer Ladeleistung von MEHR als 50 kW
- Zahlung mittels Kartenleser
- Geräte mit einer Kontaktlosfunktion, mit der zumindest Zahlungskarten
gelesen werden können
für öffentlich zugängliche Ladepunkte mit einer Ladeleistung von WENIGER als 50 kW
- Geräte, die eine Internetverbindung nutzen und einen sicheren Zahlungsvorgang ermöglichen, etwa solche, die einen dynamischen QR-Code erzeugen (aktuell durch die Auslegungshilfe ausgehebelt)
Betreiber öffentlicher Ladepunkte müssen zudem Nutzern das Recht einräumen, die automatische Authentifizierung abzulehnen und stattdessen eine alternative Zahlungsmethode zu verwenden, sofern verfügbar, und dies deutlich sichtbar anzeigen.
Die Preise für öffentliche Ladepunkte müssen fair, transparent und diskriminierungsfrei sein. Preisunterschiede sind nur zulässig, wenn sie angemessen begründet sind.
Wo sind die Vorteile für den Ladeinfrastrukturbetreiber?
Für den Betreiber bedeutet diese Umstellung eine höhere Akzeptanz der Ladeinfrastruktur beim Kunden. Zudem wird Transparenz geschaffen, was wiederum mehr Vertrauen beim Kunden zur Folge hat.
Welche technischen Anforderungen stellt die AFIR an die LIS?
Eine Ladesäule muss künftig über ein Display einen dynamischen QR-Code generieren können. Dieses Display kann entweder direkt am Ladepunkt sitzen oder für mehrere Ladepunkte zentral gesetzt werden. Zudem müssen die Kartenleser bzw. das Backendsystem, so eingerichtet werden können, dass die Anforderungen an die Flexibilität bei der Wahl der Bezahlmöglichkeit gegeben ist.
Alle neuen Ladepunkte müssen über ein Backendsystem verfügen, das Standortinformationen, Belegungsstatus, Ladeleistung und andere relevante Daten in Echtzeit übermittelt und verarbeitet.
AFIR – die zusätzlichen Anforderungen
Zukunftssichere Auslegung
Die Schnittstelle muss flexibel genug sein, um zukünftige Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität zu berücksichtigen.
Datensicherheit
Die Verordnung legt Anforderungen an die Datensicherheit fest, um den Schutz der übertragenen Daten zu gewährleisten.
Barrierefreiheit
Die Schnittstelle muss barrierefrei zugänglich sein, um allen Nutzern den Zugang zu Informationen und Funktionen zu ermöglichen.
Vorteile der Technischen Anforderungen
- Verbesserte Planung von Fahrten
- Vermeidung von unnötigen Fahrten – Die Suche nach freien Ladepunkten wird effizienter, da Elektromobilisten direkt zu den verfügbaren Ladepunkten navigieren können.
- Optimierung der Ladeleistung: Die dynamische Datenübermittlung kann zur Optimierung der Ladestromverteilung beitragen und so eine effizientere Nutzung der Ladeinfrastruktur ermöglichen.
- Reduzierung von CO2-Emissionen: Die Vermeidung von unnötigen Fahrten und die effizientere Nutzung der Ladeinfrastruktur tragen zur Reduzierung von CO2-Emissionen bei.
Vorteile für den Kunden durch die Anwendung der AFIR
Elektromobilisten müssen sich nicht mehr mit verschiedenen Anbietern und Bezahlmethoden herumschlagen. Das Laden funktioniert einfach und bequem per Debit- oder Kreditkarte. Die einheitliche Bezahlplattform sorgt für reibungslose und zuverlässige Bezahlvorgänge und die die intuitive Bedienung der Bezahlterminals ermöglicht ein einfaches und komfortables Laden.
Durch die standardisierte Datenübermittlung finden Elektromobilisten freie Ladepunkte schneller und einfacher. Die Verfügbarkeit von Ladepunkten in Echtzeit ermöglicht eine bessere Planung von Fahrten. Die Transparenz über freie Ladepunkte und deren Funktionsfähigkeit erhöht die Akzeptanz der Elektromobilität.